Leitfaden für ein erfolgreiches Preboarding:

So machen Sie den Unterschied in der Talentbindung schon vor dem ersten Arbeitstag

So machen Sie den Unterschied in der Talentbindung schon vor dem ersten Arbeitstag

Job-Ghosting gehört heute zum Recruiting-Alltag. Laut einer aktuellen Studie von Indeed erscheinen 18 Prozent der neu eingestellten Beschäftigten nicht am ersten Arbeitstag – häufig sogar ohne konkrete Absage. Diese Erfahrung haben bereits 90 Prozent der Recruiter gemacht. Mitarbeiterbindung wird damit immer bedeutender für Unternehmen. Und diese beginnt ab dem ersten Bewerbungsgespräch, spätestens jedoch mit der Vertragsunterschrift.

Preboarding hilft dabei, das gute Gefühl nach der Vertragsunterschrift bis zum ersten Arbeitstag zu erhalten. Und unterstützt so dabei, Talente direkt von Anfang an an das Unternehmen zu binden. Wie genau das gelingen kann, weiß Ute Neher, Head of Executive Engagements / Idea Center Program bei Indeed. Ihr Rezept für ein erfolgreiches Preboarding hat sie mit uns im Webinar geteilt:

Die drei Säulen des Preboardings

Preboarding zahlt auf drei wesentliche Elemente ein: Es gibt den neuen Mitarbeitern Sicherheit, bereitet sie auf ihre neue Rolle und Aufgaben vor und schafft Vorfreude auf das Abenteuer bei einem neuen Unternehmen. Konkret bedeutet das: 

1. Preboarding schafft Sicherheit

Insbesondere mit einem Jobwechsel sind viele Unsicherheiten, Fragen und Nervosität verbunden, etwa, ob die getroffene Entscheidung wirklich die richtige war. Diese Unsicherheit wird häufig noch dadurch verstärkt, dass ab Vertragsunterschrift kaum mehr Kommunikationsmöglichkeiten geschaffen werden und dadurch einige Themen intransparent wirken. In der Unsicherheit liegt jedoch auch die größte Gefahr, dass sich Bewerber für ein anderes Unternehmen entscheiden, was ihnen ein größeres Sicherheitsgefühl verspricht. Eine gute, transparente Kommunikation ist der Schlüssel, um diese Unsicherheit in Sicherheit zu verwandeln.

2. Preboarding bereitet auf neue Rollen und Aufgaben vor

Ab Vertragsunterschrift können Unternehmen strukturell bis zum ersten Tag ihre neuen Mitarbeiter auf deren Rolle im Unternehmen vorbereiten, um diese zu befähigen, selbstsicherer und gut in den neuen Job zu starten. Hierzu kann alles zählen: von der Beantwortung wichtiger Fragen bis hin zur Zusendung der benötigten Arbeitsmaterialien und -ausstattung.

3. Preboarding steigert die Vorfreude auf ein neues Abenteuer

Jeder neue Job ist auch der Beginn eines neuen Abenteuers. In der Preboarding-Phase haben Unternehmen die Möglichkeit, die Vorfreude konstant zu steigern, indem sie neuen Mitarbeitern immer mehr Informationen liefern und zeigen, warum Unternehmen und Team genau zu dieser Person passen. Und zwar über die Informationslage hinaus, die Bewerber im Bewerbungsprozess erhalten können.

Was bedeutet das konkret für Ihr Preboarding?
 

Checkliste: Tipps für ein erfolgreiches Preboarding

  • Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt stellen: Das optimale Preboarding sieht für jeden unterschiedlich aus – denn je nach Rolle unterscheiden sich auch die Bedürfnisse vor Arbeitsbeginn. Dabei braucht es keinen individuellen Prozess pro Person. Konzentrieren Sie sich vielmehr auf die Kernbedürfnisse der Rolle und des Menschen dahinter. 

  • Kommunikation offen, ehrlich und transparent halten: Im Bewerbungsgespräch ist die Kommunikation noch sehr häufig, offen und konkret, geht es zum Beispiel um Gehalt oder Benefits. Anschließend flacht der Austausch jedoch in der Regel ab. Eine regelmäßige und transparente Kommunikation ist allerdings ein essenzieller Faktor für das benötigte Sicherheitsgefühl. Wichtige Punkte sind z.B.: Warum dieser Job? Welchen Mehrwert leistest du? Für wen arbeitest du? Was macht das Arbeiten aus? Wer ist dein Team?

  • Fragen beantworten, bevor sie gestellt werden: Vor dem ersten Arbeitstag entstehen viele Fragen bei neuen Mitarbeitern. Unternehmen können den Talenten hier entgegenkommen und im Vorfeld die wichtigsten Fragen beantworten. Beispielsweise zur Arbeitskleidung, wo sie am ersten Tag parken können oder ob es eine Kantine gibt. Erstellen Sie beispielsweise eine Checkliste mit 10 Dingen, die jeder vor dem ersten Arbeitstag wissen sollte – eine kostengünstige Maßnahme, die schnell umgesetzt ist, aber einen großen Mehrwert beinhaltet.

  • Kommunikationsanlässe schaffen: Ermöglichen Sie neuen Kollegen über diese Punkte hinaus Möglichkeiten, in die Kommunikation zu gehen, Fragen zu stellen oder auch kritische Themen ansprechen zu können. Insbesondere der Raum für Letzteres ist wichtig, um mögliche Faktoren anzusprechen, die im letzten Moment doch noch für eine Absage nach Vertragsunterschrift sorgen könnten. Gehen Sie hierzu auch proaktiv auf die Personen zu und fragen nach offenen Punkten.

  • Zielgruppe mit einbeziehen: Ihre beste Quelle dafür, wie gut Ihr Preboarding bereits funktioniert, sind die neuen Kollegen. Nutzen Sie daher die Gelegenheit und fragen zu Beginn der Onboarding-Phase, was den Personen im Prozess bis zum ersten Arbeitstag gefehlt hat. Und lassen dieses Feedback anschließend in Ihr Preboarding mit einfließen.

  • Die Low Hanging Fruits identifizieren: Orientieren Sie sich entlang des Dreiecks an passenden Preboarding-Maßnahmen für Ihr Unternehmen. Dabei geht es nicht darum, alle möglichen Maßnahmen direkt in die Tat umzusetzen, sondern mit den „schnellen Gewinnern“ zu starten, die einfach zu realisieren sind. Zur Weihnachtszeit können das beispielsweise kleine Geschenke passend zur Rolle sein, die Weihnachtskarte oder eine Einladung zur Weihnachtsfeier. Weitere Beispiele sind Teamevents, bei denen neue Teammitglieder bereits teilnehmen oder den Onboarding Buddy im Vorfeld kennenzulernen. Auch der Zugang zu digitalen Lernangeboten, der neuen Kollegen bereits erste Skills vermitteln soll, sowie Videos, die die Unternehmenskultur näherbringen, sind schnell realisiert, sofern eine digitale Lernplattform bereits vorhanden ist. Alles kleine Gesten, die nicht viel kosten, aber sehr wertvoll für die Verbindung zum Unternehmen sind.

    Tipp: Im Preboarding sollte sich das Maß an Engagement nicht danach richten, wie hoch eine Rolle in der Hierarchie des Unternehmens angesiedelt ist, sondern wie umkämpft die Rolle am Markt ist und wie schmerzlich es dementsprechend wäre, die Position noch einmal neu besetzen zu müssen.

  • Maßnahmen aus dem Onboarding vorziehen: Bestimmte Prozessschritte aus dem Onboarding werden mit Sicherheit stattfinden – sind zeitlich aber nicht zwingend an die Phase nach dem ersten Arbeitstag geknüpft. Diese Prozessschritte können Sie einfach in das Preboarding übertragen, zum Beispiel die Frage nach der benötigten Größe für die Arbeitskleidung oder auch nach Präferenzen bei der technischen Ausstattung wie dem Modell für das Firmenhandy. 

  • Mit einem Pilotprojekt starten: Identifizieren Sie die Kernprofile, die Sie in den nächsten sechs Monaten rekrutieren werden. Davon ausgehend können Sie einen Piloten ableiten, in dessen Rahmen Sie mit einem geeigneten Preboarding starten können. Aufbauend auf diesem Piloten können Sie Ihr Preboarding anschließend sukzessiv erweitern. 

Was, wenn Entscheidungsträger das Preboarding nicht unterstützen?

Die Hinderungsgründe für Preboarding sind alltägliche Begleiter für HR: zu wenig Zeit und klare Zuständigkeiten. Im internationalen Raum wurde mit dem Onboarding Manager bereits eine Rolle geschaffen, die speziell auch für das Preboarding zuständig ist. In Deutschland ist das Thema jedoch aktuell noch eher im Recruiting verhaftet. Wie kann das Recruiting also die Bedeutung für Preboarding gegenüber Vorgesetzten verdeutlichen? 

Die Antwort liegt in den Zahlen. Zählen Sie hierfür alle Kosten zusammen, die Sie aufbringen mussten, um eine für das Unternehmen essenzielle Person zu rekrutieren – inklusive aller Personalkosten. Stellen Sie diese Zahl den Kosten gegenüber, die durch die Absage der entsprechenden Person an Produktivitätsausfall und erneuten Recruitingkosten entstehen. Durch diese simple Rechnung werden der Mehrwert und das Einsparungspotenzial für Unternehmen schnell deutlich. 

Tipp: Ergänzen Sie diese Rechnung noch um Benchmarks, wie es um den Arbeitsmarkt in Ihrer Region bestellt ist, beispielsweise von der IHK. Denn: Globale Zahlen sind gut, um Bewusstsein für ein Problem zu schaffen. Sie sind jedoch weniger geeignet, um mit der Geschäftsleitung über die Notwendigkeit von konkreten Maßnahmen zu diskutieren.

Wie lässt sich Preboarding darüber hinaus messen?

Um die Effizienz Ihres Preboardings zu messen, eignen sich drei Nullmessungen, zu denen Sie einfachen Zugang haben und die teilweise bereits im Unternehmen vorhanden sind: 

  • No-Show-Rate: Wie viele Talente sind trotz Vertragsunterschrift nicht zum ersten Arbeitstag erschienen?
  • Early-Attrition-Rate: Wie viele Mitarbeiter gehen dem Unternehmen in den ersten Monaten wieder verloren? 
  • Feedback der neuen Mitarbeiter: Wie kann der Preboarding-Prozess verbessert werden?

Fazit: Das Wichtigste ist und bleibt es, den Mensch in den Mittelpunkt zu stellen

Die Zeit, kurz vor Arbeitsbeginn ein Goodie-Paket zu schicken, sind längst vorbei. In Zeiten, in denen es schwieriger denn je ist, passende Talente für das eigene Unternehmen zu finden und zu halten, geht es mehr denn je darum, den Menschen hinter seiner Rolle zu verstehen und seine Bedürfnisse schon vor dem ersten Arbeitstag zu erfüllen. Preboarding ist dabei kein Hexenwerk, sondern kann bereits mit kleinen und kostengünstigen Maßnahmen als effektiver Hebel wirken, Talente ab der Vertragsunterschrift an das Unternehmen zu binden. Denn letztendlich geht es um die kleinen Gesten, die keinen Druck aufbauen und die Kommunikation mit dem Talent offenhalten. Die in den meisten Fällen nicht viel Geld kosten, dafür aber einen großen Mehrwert für jedes Unternehmen im Wettbewerb um die besten Talente haben, um heute schon für die Arbeitswelt von morgen vorbereitet zu sein.

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